Rund um Rum
11 genossen, belebende, aufheiternde und entspannende Wirkungen auf Geist und Körper haben können. Schließlich ist ein Übermaß in jeder Form, sei es an Essen, Aufregung, körperlicher Anstrengung, Getränken wie Kaffee, Tee oder eben an Alkohol der Gesundheit abträglich, wie schon der Schweizer Arzt und Philosoph Paracelsus (1493 - 1541) erkannte, der im Jahre 1538 in seinem Traktat „Die dritte Dimension wegen des Schreibens der neuen Rezepte“ zu der bemerkenswerten Einsicht kam: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei.“ Beschränken wir uns also mit Paracelsus auf das richtige Maß. Ein weiterer möglicher Einwand bleibt freilich: Warum denn noch ein Buch über Rum? Es herrscht schließlich kein Mangel an diesbezüglicher Literatur. Die Quellenangaben und die Literaturliste am Ende dieses Buches mögen einen kleinen Einblick auf die Titel geben, die allein auf dem deutschen Buchmarkt zu finden sind. Doch sie alle, so scheint mir, zeigen einen empfindlichen Mangel. So kompetent sie auch über Herstellung, Geschichte, Marken und andere Spezifika des Rums informieren, so wird in ihnen seine kultur-, ja welthistorische Rolle als Treibstoff der Kolonial- und Handelsgeschichte eher kursorisch, ja stiefmütterlich behandelt. Insbesondere bedarf die geradezu überragende Bedeutung, die das im Norden Deutschlands an der Grenze zu Dänemark gelegene Flensburg in der Geschichte von Rumproduktion und -handel hat, einer ausführlicheren Betrachtung. Wir werden uns also auf einen Streifzug durch Historie und Gegenwart des Rums be- geben. Wir werden Herstellungs- und Lagerungsverfahren und die Kunst des Mischens und der Vervollkommnung ebenso kennenlernen wie die durchaus unterschiedlichen Geschmacksvarianten des im Laufe der Jahrhunderte zur Edelspirituose gereiften Ge- tränks. Wir werden der Frage nachgehen, welche Bedeutung ausgerechnet die Stadt Flensburg im hohen Norden Deutschlands für die Geschichte des Rums hat und wie sich an die simplen drei Buchstaben des Wörtchens „Rum“ unzählige Geschichten anlagern, wie die allgemeine Historie sich mit der Technik-, Kolonial- und Kulturgeschichte des Rumhandels und der Sklaverei zu einem einzigartigen Ganzen verknüpft. Schließlich werden wir sehen, welchen Platz der Rum in der Literatur und in Anekdoten einnimmt. Eine persönliche Anmerkung gerade zum letzten Punkt sei erlaubt. Wer, wie der Autor, seine Kindheit und Jugend in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erlebte, hat wohl wie alle Jungen seines Alters die „Schatzinsel“ mit heißen Wangen gelesen und war dem Zauber des Wortes „Rum“ erlegen, seinem ihn umwabernden Mythos von Freiheit, Gefahr und Ungesetzlichkeit erlegen, ohne sich Rechenschaft darüber abzulegen, dass das, „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei.“ Paracelsus, 1538
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