Editorial Der Volkszorn bricht sich Bahn – auf der Straße In Berlin ist die Wohnungsmisere genauso spürbar wie in anderen Großstädten, aber in der Hauptstadt ist die Bevölkerung sensibler und wachsamer, wenn es um Ungerechtigkeit geht. So verständlich die Reaktionen sind – hier wird lediglich ausagiert, was an der Oberfläche die Wut schürt. Hilfreicher wäre es, die Hintergründe nicht aus den Augen zu verlieren und Versäumnisse nachzuholen, statt die Schwarze-Peter-Karte zu ziehen. Die Gründe für den Run auf Immobilien und die Spekulation mit Grund und Boden sind die niedrigen Zinsen. Diese sind von der EZB hausgemacht und Folge der immensen Staatsverschuldung. Das frei flottierende Kapital findet nur noch in Sachwerten, überwiegend in Immobilien, lohnende Anlagemöglichkeiten. Aus dem Gleichgewicht geraten ist der Immobilienmarkt aber auch, weil es wegen der Arbeitsplätze einen starken Zuzug in die Metropolen gab, die darauf nicht vorbereitet waren. Die Versäumnisse liegen auf der Hand: Die Kommunen haben es wegen ihrer chronischen Finanznot nicht geschafft, einen ausreichend großen Anteil Sozialwohnungen zu halten. Im Gegenteil, sie haben Wohnungen verkauft, um ihre Haushalte zu sanieren. Die fehlen jetzt. Mit der Enteignungskeule zu drohen, wird diejenigen, die gemeint sind, kaum beeindrucken. Man verunsichert nur die Akteure, die seit Jahrzehnten für einen in weiten Teilen funktionierenden Vermietungsmarkt gesorgt haben. Der Immobilienmarkt lässt sich nur mit Marktmethoden lenken. Angebot und Nachfrage müssen ausgeglichen sein. Das funktioniert, indem man Wohnungen baut und nicht, indem man sie enteignet. Der Neubau stößt in Deutschland aber an viele Grenzen – fehlendes Bauland, Überregulierungen, hohe Grunderwerbsteuern, zähe Bürokratie, ausgelastete Unternehmen. Not macht erfinderisch – man schaue in die Niederlande oder nach Wien. Lesen Sie dazu auch den nächsten Beitrag. Einen schönen Frühling wünscht Ihnen Astrid Grabener Beitrag zur Diskussion Immobilienmarkt in Wien – Vorbild für deutsche Städte mit Wohnungsengpässen? Man muss nicht für alles selbst eine Lösung finden. Andere europäische Länder machen vor, was auch hierzulande wünschenswert wäre. (Foto: geralt by pixabay.com). (GraA) Dänemark hat ein vorbildliches Schulsystem, Norwegen ein solides Rentenniveau, Großbritannien ein gerechteres Grunderwerbsteuersystem und in Wien sind die Mieten unglaublich günstig. Wie kann das angehen? Leider sind die Voraussetzungen von Staat zu Staat nicht unbedingt vergleichbar. Die österreichische Hauptstadt hat schon vor 100 Jahren damit begonnen, den Mietwohnungsmarkt zu dominieren. Eine Hauptsäule der Wohnungspolitik ist die Bauwirtschaft. Ende vergangenen Jahres wurden die Bedingungen nochmals neu justiert: Bauprojekte dürfen künftig nur noch zu einem Drittel der Wohnfläche frei finanziert werden, zwei Drittel bleiben geförderten Wohnungen vorbehalten. Grundstücke werden erst dann zu Bauland, wenn der Eigentümer die Fläche an die Stadt verkauft hat. Die Stadt vergibt die Flächen dann günstig im Erbpachtverfahren an private, genossenschaftliche oder öffentliche Unternehmen. Die Stadt Wien hat seit dem zweiten Weltkrieg kein städtisches Land mehr verkauft, sondern investiert Jahr für Jahr über eine halbe Milliarde Euro in den Wohnungsbau. Das Ergebnis: Die Neuvertragsmieten von öffentlichen und genossenschaftlichen Wohnungen liegen durchschnittlich bei monatlich 7,60 Euro pro Quadratmeter, private Anbieter verlangen unter zehn Euro. Natürlich hat jede Medaille zwei Seiten: Mieter sind zufrieden, aber der österreichische Haus- und Grundbesitzerbund sieht den Neubau behindert und Grundstückseigentümer durch die Maßnahmen eingeschränkt. Im Vergleich zwischen Wien und Deutschland zeigen sich die Unterschiede: In Wien leben rund 60 Prozent aller Einwohner in städtischen oder öffentlich geförderten Wohnungen, in Deutschland sind es nach Angaben des Mieterbundes nur noch fünf bis sechs Prozent. In Österreich profitieren von diesem System nicht nur Einkommensschwache, sondern auch der Mittelstand. In Deutschland ist es zumindest der Stadt Hamburg gelungen, durch städtebauliche Konzepte so extreme Entwicklungen wie in München zu verhindern. Bitte kommentieren Sie gern diese Meldung >>> Sie dürfen diesen Text auch gern für jede eigene Verwendung nutzen, Print und Online, honorarfrei! Verlagsinformation Die neue Kundenzeitung 2/2019 steht an Ausgabe Sommer 2019
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