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Napoleon, Schmuggel- und Notzeiten
Nicht nur der Alte Fritz, der mit seinem Gesetz das Teetrinken verbieten wollte, auch Napoleon machte den ostfriesi-
schen Teeliebhabern das Leben schwer. Die Kontinentalsperre (1806 bis 1814) war Napoleons Antwort auf eine voraus-
gegangene Seeblockade der französischen Küste durch Großbritannien. Sie sollte England in die Knie zwingen und die
französische Wirtschaft gegen europäische und transatlantische Konkurrenz schützen. Die norddeutschen Hafenstädte
waren aufgrund des Rückgangs der Schifffahrt und des Kapitalabflusses nach England stark betroffen. Der Handel
zwischen England und Deutschland brach fast völlig zusammen. Vielerorts waren soziale Unruhen die Folge. Um die
Versorgung mit Tee zu gewährleisten, betrieben die Ostfriesen daher ein umfangreiches Schmuggelwesen.
Im 20. Jahrhundert verursachten die beiden Weltkriege wiederum Tee-Notzeiten in Ostfriesland. Während des ersten
Weltkriegs wurde der seit 1909 hoch besteuerte Tee immer knapper. 1917 waren die Engpässe am gravierendsten, so dass
bis 1919 überalterte oder minderwertige Partien den Handel beherrschten.
Aufgrund von Devisenknappheit erhielten die Ostfriesen im Zweiten Weltkrieg zunächst 20 Gramm Tee pro Monat für
jeden Erwachsenen ab 35 Jahre. Die Ration wurde zwar später auf 30 Gramm erhöht, was den Ostfriesen aber dennoch
als zu wenig erschien. Die Tee-Monatsrationen erhielten die Ostfriesen auf Lebensmittelmarken, auf denen „Teetrinker-
Bezirk Weser-Ems“ stand.
Gleich nach dem Zweiten Weltkrieg begann das große Hamstern. Ostfriesen nahmen beschwerliche Reisen in Kauf und
tauschten Speck, Butter oder Eier gegen die Schwerstarbeiter-Teezulagen von Bergarbeitern im Ruhrgebiet. Erst nach
der Währungsreform und Staatsgründung wurde die Teesteuer auf ein erträgliches Maß gesenkt. Endlich konnten die
Menschen wieder so viel Tee trinken, wie sie wollten.
Ostfriesen sind erfinderisch.
Fisch gegen Tee, dieser
Tausch war in schlechten
Zeiten nichts Ungewöhn-
liches. Schwerarbeiter
bekamen nach dem Zweiten
Weltkrieg Tee auf Lebens-
mittelmarken, den sie gegen
Lebensmittel vom Land
eintauschten.